Die Europäische Union baut ihren Zusammenschluss polizeilicher Spezialeinheiten weiter aus. Der sogenannte ATLAS-Verbund, in dem sich 38 Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus den Schengen-Staaten koordinieren, arbeitet dazu mit Europol am Aufbau neuer Fähigkeiten. So steht es in einem Arbeitsprogramm für das Jahr 2023, das die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat. Demnach ist auch Großbritannien nach dem Brexit weiter an der polizeilichen Kooperation beteiligt.
Das nach den Anschlägen des 11. September 2001 gegründete ATLAS-Netzwerk gehört seit 2008 zu den Strukturen der Europäischen Union und wird als eine der 18 Expertengruppen der Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung geführt. Die EU will sich damit auf polizeiliche Großlagen vorbereiten, die eine Unterstützung anderer Mitgliedstaaten erfordern. Dies betrifft Einsätze bei Terroranschlägen, schwerer und organisierter Kriminalität oder anderen „Krisensituationen“.
Slowakei übernimmt Vorsitz
Aus Deutschland nehmen die GSG 9 und Spezialeinheiten aus Baden-Württemberg am ATLAS-Verbund teil, aus Österreich die Cobra. Länder wie Frankreich, Spanien oder die Niederlande entsenden auch Gendarmerien. Dabei handelt es sich um Einheiten, die nach einer militärischen Grundausbildung Aufgaben im Bereich der Inneren Sicherheit übernehmen. Die Truppe verfügt über ein rotierendes Sekretariat, das bis 2024 von dem slowakischen Lynx-Polizeikorps gestellt wird. Die Slowakei hat in diesem Jahr auch den Vorsitz des ATLAS-Verbundes und des „Commanders Forum“ übernommen.
Mit Beginn dieses Jahres hat ein permanentes „Unterstützungsbüro“ für den ATLAS-Verbund bei Europol seine Arbeit aufgenommen. Es ist beim Anti-Terror-Zentrum der Polizeiagentur angesiedelt und soll auf Angriffe reagieren, die laut Europol neben religiösen auch von „rechts- oder linksgerichteten Ideologien“ inspiriert sein können. Mit einer neuen Verordnung erhält Europol absehbar weit mehr Kompetenzen, durch die Koordinierung der ATLAS-Einheiten wird dies abermals gestärkt.
Das Unterstützungsbüro besteht derzeit aus zwei Beamt:innen, abschließend sollen es fünf werden. Dieses Personal mit Leitungsfunktionen wird durch Angehörige von Polizei oder Gendarmerien aus den ATLAS-Mitgliedstaaten ergänzt. Europol stellt den Spezialeinheiten auch sein gesichertes SIENA-Netzwerk zur Verfügung, über das als geheim eingestufte Nachrichten verschickt werden können. Zukünftig will Europol alle drei Jahre eine „Konferenz der Sondereinsatzkommandos“ abhalten, die erste Veranstaltung dieser Art könnte 2023 in Schweden oder Spanien stattfinden.
Drohnen als „taktische Unterstützungswaffen“
Zur Wissensvermittlung schließen sich einzelne Einheiten in Arbeitsgruppen zusammen, Themen sind etwa kritische Infrastruktur, urbane Einsatztaktik, Scharfschützen, „verdecktes taktisches Vorgehen“, Verhandlungsgeschick, medizinische Unterstützung und Transport. In der Arbeitsgruppe „Innovationen“ erprobt der ATLAS-Verbund neue Spezialtechnik, daran sind auch nicht genannte US-Behörden beteiligt.
Als „taktische Unterstützungswaffen“ werden Drohnen getestet, die mit Sprengladungen Fenster und Mauern durchbrechen. Die SEKs planen außerdem die Beschaffung eines vierbeinigen Roboters, mit dem sie Anwendungen zu „Künstlicher Intelligenz“ erproben wollen. Alle drei Monate soll der Schreitroboter zu einer anderen Einheit wechseln.
Die ATLAS-Einheiten nutzen drei Ausbildungszentren in Italien (Luftfahrt), Deutschland (Marine) und Ungarn (Medizin), ein viertes entsteht in der Slowakei (Gebäude). Dort halten die SEKs auch gemeinsame Übungen ab. 2023 könnte der ATLAS-Verbund wieder ein größeres operatives Training abhalten, wie es zuletzt 2018 in verschiedenen Ländern gleichzeitig erfolgte.
Großübung in Deutschland
Die ATLAS-Finanzen wurden in den vergangenen Jahren aufgestockt. Nutznießerin war dabei oft die GSG 9, die 2015 rund eine Million Euro von der EU-Kommission erhielt. 2013 hatte die zur Bundespolizei gehörende Spezialeinheit die bis dahin größte europäische Antiterror-Übung ausgerichtet.
Die neuen, für 2023 geplanten Aktivitäten sollen fast vier Millionen Euro kosten, die Mittel stammen zum größten Teil aus dem Europol-Haushalt. Wieder fließt mit 2,6 Millionen Euro für das maritime Ausbildungszentrum das meiste Geld nach Deutschland. Dort soll eine Geiselnahme auf einem Schiff simuliert werden, unter den über 200 erwarteten Teilnehmenden sind auch 30 Rollenspieler:innen.
Das daran Staaten teilnehmen die massive rechtsstaatliche Probleme haben, sehe ich einen Interessenkonflikt der mit den europäischen Grundrechtscharter unvereinbar ist.
Das kann unter anderem zu einer Rechtslastigkeit führen die im Einsatzfall zu einer subjektiven Situationsbeurteilung führt die mit der Rechtsstaatlichkeit einzelner Staaten unvereinbar ist.
Weiteres problematisch ist das Staaten von vornherein gewisse BeamtInnen ausschließen müssen um ihre persönliche Integrität zu wahren, damit gehen wertvolle Ressourcen verloren die im Einsatzfall von taktischer Relevanz sein können.
Dahingehend verwundert es auch das Staaten wie Dänemark (AKS), Finnland (KARHU), Luxemburg (USP), Niederlande (DSI), Österreich (Cobra), Schweden (NI) und die Schweiz (ATU) sowie Assoziiert Norwegen (Delta) daran Teilnehmen.
Im Fall von Österreich, sind Grundrechte und Menschenrechte in der Grundausbildung für PolizeibeamtInnen verankert. Die Beteiligung könnte im Einsatzfall nicht nur zu einem Konflikt führen sondern auch juristisch schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Ich sehe diese Problematik als so schwerwiegend, das es Sinn machen könnte den ATLAS-Verbund vor dem EuGH und oder dem europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu verklagen.